Mir ist diese Woche im Seminar bewusst geworden, welche Vernetzungen und Strukturen hinter einem banalen Alltagsprodukt wie zum Beispiel Schokolade stehen. Im Seminar haben wir das Thema „fairer Handel“ bearbeitet. Mich hat dies Neugierig gemacht, auch dem Anbau und der Verarbeitung von Baumwolle genauer nachzuspüren.
Ich habe mich bei meiner Recherche im Internet und der Presse auf die Produktion und Verarbeitung von Biobaumwolle aus Mali beschränkt. Dabei bin ich über einen interessanten Zeitungsartikel im Internet gestolpert, den ich zusammengefasst und mit eigenem Wissen ergänzt habe. Der Artikel zeigt auf eindrückliche Weise, wie die Produktion von Biobaumwolle abläuft und wie ein einfacher Bauer aus Mali mit der ganzen Welt vernetzt ist, ohne es zu wissen.
Philipe Sagara ist ein kleiner, schlanker Mann der in einem Dorf namens Yanfolila lebt. Philipe ist in seinem Dorf ein Pionier, denn er hat als erster beschlossen, von der herkömmlichen Baumwollproduktion auf Bio umzustellen. Philipe lebt auf seinem Hof zusammen mit seinen Brüdern, Frauen, Grosseltern, unverheirateten Kindern. Alles in allem etwa 20 Familienmitglieder, die ein Netzwerk bilden. Gegenseitig unterstützen sie sich bei der Ernte und dem Anbau von Nahrungsmitteln, aber auch beim Anbau und der Pflege der Baumwolle. Während seine Brüder beim konventionellen Anbau geblieben sind, bestellt Philipe sein Baumwollfeld seit drei Vegetationsperioden ohne den Einsatz von Kunstdünger und Pestiziden. Ausschlaggebend für seinen Entscheid waren die zahlreichen negativen Erfahrungen mit den gefährlichen Mitteln. So zum Beispiel als er einmal einen seiner Brüder in einer Pestizidwolke taumeln und umfallen sah.
Doch das Umsteigen auf Bioproduktion ist nicht einfach. Ein weiteres Glied in diesem Netzwerk kam schliesslich Philipe zu Hilfe. Eine Entwicklungsorganisation aus der Schweiz schulte Philipe im Anbau von Biobaumwolle. Die Herstellung von natürlichen Pflanzenschutzmitteln und das Anlegen von Kompost als Dünger wurden ihm gezeigt. Der Anbau von Biobaumwolle und die Pflege der Pflanzen ist härter und arbeitsintensiver, als der herkömmliche Anbau. So hakten Philipe und seine Familie während 45 Arbeitstagen Unkraut aus dem Baumwollfeld, eine Arbeit, für die ein Mann mit Herbiziden wenige Stunden braucht. Dieser Mehraufwand ist es, den wir Kunden ausgleichen, wenn wir ein aus Biobaumwolle gefertigtes Kleidungsstück kaufen.
Auf die Frage, wer denn eigentlich den Preis für seine Baumwolle mache, weiss Philipe keine Antwort. Er habe sich schon oft Gedanken darüber gemacht, ohne Ergebnis. Tatsächlich werden die Preise für Baumwolle an den Börsen in New York und London gemacht. Hier wird die Vernetzung über die ganze Welt einmal mehr bewusst. Die Preise entstehen weit weg vom eigentlichen Anbaugebiet. Philipe in Mali bleibt nichts anderes übrig, als diesen Preis zu akzeptieren. Da es auch noch weitere Baumwollanbaugebiete auf der Welt gibt wird Philipe zudem zu einem Konkurrent von Bauern in Usbekistan, China und den USA. Die US-Baumwollfarmer werden jährlich mit fast vier Milliarden Dollar vom Staat subventioniert. In Philipes Land Mali, gehen dadurch schätzungsweise 10 Prozent der Exporterlöse verloren.
Der Beitrag, den ich in diesem Netzwerk leisten kann? Die Arbeit von Philipe und all den Bauern wertschätzen in dem ich mir statt vieler billiger Kleider einzelne Kleidungsstücke mit dem Biozertifikat leiste…
Wer sich für den ganzen Artikel interessiert, hier der Link dazu:
http://http://archiv.tagesspiegel.de/archiv/04.01.2004/916153.asp
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3 Kommentare:
Schade, dass wir Philipe Sagara nicht unmittelbar für seinen Mut und sein Engagement unterstützen können. Ich finde es sehr bemerkenswert, dass er als Leitfigur in seinem Dorf auf Bio umgestellt hat. In gewissen Kulturen wird ein solcher Schritt mit Argwohn beäugt. Aber wer weiss, vielleicht ziehen seine Nachbarn nach?!
Auf jeden Fall wird es mir immer wichtiger Produkte mit einem Bio-Label zu kaufen.
Kay Zogg 04E
Ein sehr faszinierender Text über die Baumwollenherstellung. Beim Lesen bemerkte ich, dass ich Philipe gegenüber grossen Respekt gebührt. Er hat als einziger die Mühe auf sich genommen und ist auf den biologischen Anbau umgestiegen. Viel Arbeit hat er dafür auf sich genommen, daher denke ich kann ich seine Arbeit würdigen, indem ich Produkte mit einem Bio-Label kaufe.
Im Text sprichst du auch die Festlegung des Preise an, die in New York und London gemacht wird., also weitweg vom Bauern! Die Mächtigen bestimmen und die Bauern haben nichts zu sagen, müssen dies einfach annehmen. Diese Ungerechtigkeit macht mich wütend. Mit dem Kauf von Bio-Label Produkten können wir dagegenwirken!
Corina Dörig 04E
Ja, ich finde es auch schlimm, dass die Preise der Produkte an den Börsen in New York oder in London festgelegt werden. An einem Ort, wo wahrscheinlich die meisten Menschen gar keine grosse Ahnung haben durch wie viele Hände dieses oder jenes Produkt gegangen ist bis es in den Regalen liegt. An diesen Börsen wird nur auf das Geld und den Preis geschaut und nicht hinter das Produkt, wer war beteiligt, unter welchen Umständen wurde produziert, usw.
Hoffentlich gibt es eine starke Veränderung, wenn immer mehr Menschen Produkte mit einem Bio-Label kaufen.
Martina Schnelli, 04A
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